RESSOURCEN-MANAGEMENT

Bauen ist heute verbunden mit einem enorm hohen Energieverbrauch, Rohstoffeinsatz und Reststoffanfall. Die Herstellung und der Transport von Baustoffen zum Einsatzort benötigen gewaltige Mengen an Energie und sind nach wie vor mit einer erheblichen Emission von CO2 und weiteren klima- und umweltschädlichen Stoffen und Substanzen verbunden. Entgegen aller (politischen) Ambitionen und Bestrebungen werden derzeit lediglich 12,7 % des Bedarfs an Gesteinskörnungen durch Recycling-Baustoffe gedeckt. Bedenklich ist zudem, dass die Effizienz bei der Rohstoffgewinnung und vor allem beim Rohstoffeinsatz zum Teil sehr niedrig ist. Neben dem enormen Ressourcen- und Energieverbrauch ist die zunehmende Verknappung einiger mineralischer (Sekundär-) Rohstoffe kritisch. Ein nachhaltiges Ressourcenmanagement im Bereich Bau & Baustoffe und ganzheitliche Lösungen für eine energiereduzierte, klima- und umweltschonende Herstellung von Baustoffen und Bauteilen in Verbindung mit sich verändernden Stoffströmen und Verfügbarkeiten werden daher als zwingende Voraussetzung für einen erfolgreichen Klima- und Umweltschutz gesehen. Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz von Klima- und Umweltschutz als Teil des Generationenvertrags wurde nun jüngst auch höchstrichterlich vom Bundesverfassungsgericht zum Klimaschutzgesetz mit Auswirkung auf die Umsetzung der Klimaziele klargestellt mit der direkten Folge der Verschärfung der Klimaziele der Bunderegierung.

Abbildung: Derzeitige jährliche mineralischer Baustoffströme im Bereich mineralische Rohstoffe und Baustoffe in Deutschland

Aus der Abbildung resultiert, dass selbst bei einer 100 %igen Verwertungsquote, also auch bei der Erschließung der bisher noch nicht genutzten Baustoffabfälle (Deponierung) allein der enormen Rohstoffbedarf aus natürlichen Quellen und die gewaltigen Auswirkungen auf Klima und Umwelt durch die Baustoffherstellung nicht signifikant reduziert werden kann. Will man nicht politisch erzwungen den Neu-/Ersatzbau limitieren, muss es gelingen, den Baustoffbedarf für gleiche Nutzflächen und Funktionalitäten wesentlich zu reduzieren. Ressourceneffizientes, nachhaltiges Bauen erfordert grundlegend geänderte Herstellungs- und Nutzungskonzepte für Baustoffe und Bauwerke sowie neuer Instrumente und Technologien, auf deren Basis sich diese auch praktikabel umsetzen lassen. Diese werden von RENAT.BAU innerhalb des Innovationsbereichs 1 adressiert, für den drei sich ergänzende Strategieschwerpunkte definiert werden:

  1. Reduzierung der gewonnenen Rohstoff- und verwendeten Baustoffmenge, was mithilfe innovativer Baustoff- und Konstruktionsansätze, materialsparender Bau- und Baustoffvarianten sowie weniger schadenanfälligen, langlebigeren und flexibleren Bauweisen erreicht werden soll.
  2. Innovative Technologien und Konzepte, die zukünftig das Schließen von Stoffkreisläufen sowie die Erschließung bislang ungenutzter Reststoffe für die Bauwerks- bzw. Baustoffherstellung ermöglichen. Die verfolgten Ansätze reichen hier von dem Cradle-to-Cradle-Ansatz verpflichteten Vorgaben für die Produktentwicklung, über die Nutzung von Nicht-Baustoff-Reststoffen für die Baustoffherstellung bis hin zur erstmaligen Erarbeitung einer qualifizierten Reststoffdatenbank.
  3. Effizientere, klimafreundliche Technologien, die zukünftig als nachhaltige Alternativen zu den heute sehr häufig ineffizienten und energieintensiven Prozessen der Baustoffherstellung bzw. -verarbeitung eingesetzt werden können. RENAT.BAU möchte hierfür innovative klimaneutrale Fertigungsprozesse und Ersatzbaustoffe erarbeiten und in die Praxis überführen.

Flankierende Forschungsprojekte

EcoStuc

WIR! - Gipsrecycling EcoStuc - TP:2

Im Teilvorhaben der MFPA soll der Einfluss der RC-Gipsbindemittelzugabe auf die Additivwirkungen im Putzgipsbinder und im Gipsputzmörtel mittels spezieller Analysetechniken untersucht und der Mechanismus der zugrundeliegenden Einflussnahme verstanden werden. Ziel ist, die Additive so auszuwählen und miteinander zu kombinieren, dass die geforderten Eigenschaften des Putzmörtels erreicht werden können. Darüber hinaus werden Stoffflüsse hinsichtlich ihrer Veränderung gegenüber marktüblichem Gipsputz analysiert und ökologisch betrachtet. Es soll gezeigt werden, dass sich der zusätzliche Aufwand der Aufbereitung zum Recyclinggips gegenüber der erhaltenen Rohstoffeinsparung amortisiert. Die positiven Aspekte der RC-Gips-Nutzung sollen quantitativ und qualitativ dargestellt werden können und so zu einer breiteren Akzeptanz des nachhaltigeren Bauproduktes beitragen.

Sutracrete

Effiziente Verwertungstechnologien für puzzolanische Ressourcen in mikrostrukturbasierten Betonbauteilen mit Materialpass

Ziel des Projektes ist es, durch ein mikrostrukturbasiertes Design einen „Romanbeton“ mit individuellen Materialpass herzustellen. Der sogenannte Romanbeton soll durch die Wiederverwertung von Mauerwerksbruch in Form von Ziegelmehl und Ziegelgesteinskörnung hergestellt werden. Die Entwicklung soll auf rezyklierten Ziegelvarietäten basieren, die durch eine hyperspektrale Sortierung sehr viel effizienter und stoffspezifisch verwertet werden könnten. Durch das neuartige Sortierverfahren wird erstmalig die Trennung zwischen niedriggebranntem, reaktiven Ziegelmehl und hochgebrannter, nicht reaktiver Ziegelgesteinskörnung möglich. Durch das mikrostrukturbasierte Design werden die Eigenschaften gezielt nutzt, um einen nachhaltigen und nachverfolgbaren Romanbeton herzustellen. In der Energieforschung sind der Ressourceneinsatz des Massenbaustoffs Beton und der damit verbundene Primärenergieeinsatz untrennbar. Der kritische und weltweit stark nachgefragte Rohstoff Sand sowie die zukünftig nicht ausreichenden Betonzusatzstoffe Steinkohlenflugasche und Hüttensandmehl werden durch Ziegelmaterialien substituiert. Für die Herstellung von Romanbetonen ergeben sich ein geringerer Gesamtenergieverbrauch im Vergleich zu Primärbaustoffen und damit eine Minderung der Treibhausgasemissionen. Der Einsatz von Markern ermöglicht erstmals die physikalische Korrelation zwischen Baumaterialien und einem in einer Datenbank hinterlegten digitalen Zwilling bzw. „Material Passport". Der Innovationsgrad ist durch die Sektorenkopplung und die Digitalisierung im Bereich der Ressourceneffizienz hoch. Im Fokus steht die Integration der multimodalen Bildgebung in Verfahren der Wertstoffverwertung zur Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft. Die Digitalisierung wird durch den Einsatz innovativer Verfahren der hyperspektralen Bildverarbeitung und der künstlichen Intelligenz in Sortierverfahren vorangetrieben.

SWIR-Sort

Entwicklung einer Hochgeschwindigkeits-‚ Sortier- und SWlR-Kameratechnik für die Effektivierung von Sortierprozessen der Recyclingwirtschaft

Die hyperspektrale Klassifikation von Objekten, insbesondere im Recycling von mineralischen Roh- und Sekundärrohstoffen erfordern Sensoren und Kameras mit einem erweiterten Analysewellenlängenbereich bis 2200 (2500) nm. Derzeit kommen hauptsächlich NIR-Kameras bis 1700 nm zum Einsatz. Sensoren mit Wellenlängen bis 2500 nm sind derzeit sehr teuer und werden u. a. deshalb kaum eingesetzt. Die stetig steigende Vielzahl der in verschiedenen Abfallströmen enthaltenen Materialien sowie steigende Anforderungen an die Sortiergeschwindigkeiten erfordern die Entwicklung neuer innovativer Sensor-, Kamera- und Fördertechnik mit hoher Auslesegeschwindigkeit, die für den Dauerbetrieb geeignet sind. Auch die Erfassung weiterer physikalischer Eigenschaften der Materialien wäre wünschenswert, da darauf abgestimmt ein effektiverer und energiesparenderer Austrag der Materialien erfolgen kann. Dies ist mit großen Einsparungen von Energie und CO2-Emissionen verbunden. Ziel des Projektes ist es, spezielle InGaAs-Sensoren im erweiterten Wellenlängenbereich bis zu 2200 (2500) nm für hyperspektrale Sensorköpfe für Recyclinganlagen zu entwickeln, anzupassen und in der Praxis zu erproben. Die Kamerakonstruktion und die externe Kühlung sind so zu gestalten, dass Zuverlässigkeit und Lebensdauer erhöht werden.

Ziegelsortierung

Automatisierte hyperspektrale Bildgebung und Bildanalyse für die Sortierung von Ziegel- und Mauerwerksbruch unter Verwendung von Verfahren des maschinellen Lernens

Im Projekt sollen Erkennungsroutinen und Algorithmen für eine zuverlässige Unterscheidung von verschiedenen Ziegelarten (z. B. Hochloch-, Vormauer-, Dachziegel, hoch- und niedriggebrannte Ziegel) auf Basis optischer Merkmale entwickelt werden. Anhand von Bildanalyse und hyperspektraler Bildinformationen wird unter Anwendung maschineller Lernverfahren und neuronaler Netzwerkstrukturen eine Algorithmik zur Unterscheidung unterschiedliche Ziegelarten entwickelt. Dies erfolgt an anwenderorientierten Proben, die innerhalb einer Datenbank stofflich, bildanalytisch und spektral erfasst werden. Die zu entwickelnde Erkennungsroutine sollen sich auf Ziegelpartikel mit einer Partikelgröße von 2 bis 8 mm beziehen. Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Aussortierung von Störstoffen. Ziel des Projektes ist die Entwicklung der geräte-, software- und erkennungstechnischen Grundlagen für ein optisches Erkennungsverfahren im Labormaßstab. Dadurch wird Basiswissen für die Entwicklung neuer Sortierverfahren geschaffen sowie auch für neue Verwertungswege und verbesserte Recyclingbaustoffe. Von den geplanten Forschungsergebnissen können perspektivisch in KMUs der Ziegelindustrie, der Baustoffrecyclingindustrie und Hersteller von Sortiermaschinen profitieren. Weiterhin werden Kreislauffähigkeit und Nachhaltigkeit bei der Beschaffung, Verwendung und Behandlung von Rohstoffen gefördert.

 

 

Die konsequente Entwicklung und Verfolgung dieser Strategien im Innovationsbereich 1 soll der Neuordnung des bauspezifischen Stoffstroms (vgl. Abbildung) und damit auch der mit diesem verbundenen  Wertschöpfungs- und Nutzungsketten dienen, um zukünftig dem Nachhaltigkeitsanspruch im Bereich des Bauens und der Baustoffe auch tatsächlich gerecht werden zu können.

Abbildung: Visionärer Stoffstrom RENAT.BAU mit seinen strategischen Angriffspunkten für innovative Technologien